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Sonntag, 26. September 2010

Au revoir Steinpilz!






Erwin Jung macht in der kleinen Kombüse im Hinterstübchen des ehrenwerten Böhle in der Wiener Wollzeile, der von der Familie Ruff betrieben wird und einer der letzten Oasen für qualitätsverliebte Wiener darstellt, eines klar: der Steinpilz ist banal. Er ist lächerlich gegenüber seinen Cousins aus den Wäldern, die tausendmal raffinierter aussehen und, ich muss es sagen, auch so schmecken. Zum Beispiel die Krause Glucke. Das ist kein Huhn, das ein wenig seltsam im Charakter ist, und zum Beispiel nur dann Eier legt, wenn man ihm Schopenhauer vorliest. Die Krause Glucke ist ein Schwammerl mit einer auffälligen Frisur. Sie schaut aus wie aus einem Gemälde von H.R.Giger gepflückt. Krause Glucke sollte knackig gegart werden (welcher Pilz aber nicht?) und hat ein herrliches Aroma. Außerdem serviert Erwin Jung, der eigentlich eher dem Chilli zugeneigt ist als dem Pilz, aber das eine schließt ja das andere nicht aus, uns die feinen, fast dunkelschwarzen "Trompetes de la mort", bei uns verharmlosend Herbsttrompeten genannt, einmal richtig mit Eierspeise, die er im richtigen Moment von der Flamme nimmt und in Stücke reisst. Und dann macht er daraus eine Sauce, mit ordentlich Butter, etwas Knoblauch, einem halben Liter Obers, etwas Beerenausleseessig, eine Sauce, die wunderbar passt zur Reinanke aus dem Bodensee. Oder auch zum Huchen, im Ganzen gebraten. Über die Fischkultur bei Böhle demnächst mehr. Mir wird der Mund beim Schreiben wässrig. Ich muss aufhören. Doch über die Kaiserlinge, die Herr Jung in Butter gemeinsam mit einer Orangenscheibe briet, sei verkündet: großartig. Und aus.
PS: Der Steinpilz möge es mir jedenfalls verzeihen. Am Land, gebacken mit Sauce Trara beim Jamek in der Wachau zum Beispiel, ist er mir nach wie vor höchst willkommen ... (ar)

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