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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Dienstag, 9. November 2010

Tonkas Evergreens.

Das Kornat in der Marc Aurel Straße, als es abgebrannt war, da fühlte man kurz den Sieg der Barbaren über das römische Reich, da schien einiges an alter Wiener Kultur, die ja auch eine Esskultur ist, in Flammen aufzugehen. Zur gefälligen Erinnerung: Kornat ist nicht nur eine Insel der Seligen in Kroatien, sondern ist und war auch der erste Importeur der mediterranen Fischkultur in der Stadt mit dem geringsten Fischkonsum Europas. Wir lernten hier Messermuscheln, Sprotten und Risotto nero kennen, aßen Scampi und Wolfsbarsche, tranken dazu den autochtonen Wein und nachher den ebensolchen Grappa. Vorbei. Und wieder fast wie früher. Das Lokal heute präsentiert sich als fashionabler Brooklyn-Zagreb-Verschnitt mit herrlicher Aussicht auf die langbeinigen Flaneure des unteren ersten Bezirks, Tonka, die immer jünger wird und so erfahren kocht, hat endlich eine würdige Küche. Drunten, im Untergeschoß, spielt die Musik, stapeln sich die Weine und es sieht aus wie ein Logentreff der Freunde Istriens mitsamt Trüffel und Branzino. Zu den ewig guten Sachen gehören Tonkas Risotti, die mit Tintenfischen angerührt werden oder eben auch mit Trüffel, dazu viel Butter und eine Jakobsmuschel, auf einer Schale, ebenfalls mit Butter, die einfach zu gut schmeckt, um sie von der Tischkante zu stoßen. (Sie kennen mein Verhältnis zu Jakobsmuscheln?). Und einfach köstlich kostenswert: die Brodetto, eine dicke Mischung aus Ragout und Suppe, in der ein prächtiger Drachenkopf schwimmt, in Begleitung von etwas Seeteufel (teuflisch knackig gut) und Venusmuscheln, von denen jede das Aroma eines ganzen Muscheltopfs verströmt. Da lässt man es nicht bei einer Portion bewenden, wenn man nicht ganz stumpfsinnig ist. Und die Brodetto wird auch immer besser, denn der Drachenkopf spendet aus Flossen und allem Möglichen seine Galerte und macht die Suppe Löffel für Löffel und Brotscheibe für Brotscheibe immer besser. Wau, sagt man irgendwann nach zwanzig Stunden der hemmungslosen Völlerei, wenn Tonka noch ein paar Nusskipferl auftischt. (ar)

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