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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Donnerstag, 18. November 2010

Weinbar ohne Aufriss.





Das übliche Bild der Wiener Weinbars mitsamt ihrem Ensemble, den Gästen und ihrer Entourage ist durchwegs ein Bild der Erbärmlichkeit. Der Kellner, so er auf seine Gäste aufmerksam wird: "Was darf es sein: Prosecco? Vielleicht ein Brot mit Olivenaufstrich (Bruschetta) oder ein Proscuittoteller, oder Antipasti "Bellavista" oder ein Sechzehntel Rotwein?" Er: "Was magst denn, Pupperl?" Sie: "Na, einen Wein." Er: "Bringen Sie uns einen Junker oder einen Muskateller Classik." Er zu sich: "Wer weiß, ob sich das Pupperl auszahlt?" Anderer Tisch: "Noch ein Flascherl Steinfeder, wir haben den Etat gewonnen." Die Mitarbeiter sagen "Etat gewonnen. Prost, Chef." Das ist die Wiener Weinbar. Oder so: "Gengans, noch ein Flascherl." Der Kellner: "Wir haben seit zwei Stunden zu." Der Gast: "Bist deppert. I zahl dei Gehalt. Her mit dem Samaragd." Auch das ist die Wiener Weinbar. Man betritt sie und kann gar nicht so schnell trinken, um sie und ihre Gäste sich gut, geschweige denn schön zu trinken. Doch hie und da findet sich eine Ausnahme, ein Ort, der von den Gemeinschaftssäufern noch nicht okkupiert wurde. Und ich sage Ihnen hier an diesem Ort, fürchtend, dass sie es eh nicht hören und lesen: Bleibt wo Ihr seid. Geht nicht ins "Der Wein" in der Riemergasse. Ihr findet hier weder genug Platz zum Aufreissen, keine Loungemusik, dafür aber mich, der euch böse anschaut und vielleicht sogar belästigt oder beschimpft. Denn hier habe ich es mit einem ernsthaft bemeinten Weingeschäft zu tun, ohne Abzockerschmäh, dafür mit dem besten Champagner, James Bonds und meiner Lieblingsmarke: Bollinger. Glasweise. Gibt es sonst nirgends. Bordeaux haben sie auch, denn die Importeure Müller zählen diesbezüglich zu den bestsortierten in Österreich. Ich vermute, dass sie auch die preiswerteste Auswahl in Wien und damit Österreich haben, kann das aber nicht belegen. Weil ich erstens nicht wie ein Dodel durch die Stadt laufe, um die Preise für Lynch Bages oder Montrose zu vergleichen und zweitens, diese Preise gar nicht vergleichen könnte, weil es diese Weine in dieser Stadt eh kaum mehr woanders zu kaufen gibt ... (ar)

3 Kommentare:

  1. Köstlich! Genial! Der überbeste von lauter besten Beiträgen.

    Einen Vorschlag hätte ich: wenn man (d.h. die Gastronomie) von der "Weinbar" zur traditionellen Bezeichnung "Weinstube" zurückkehren würde, sähe das gleich wieder anders aus, nämlich eh so, wie's die herrlichen Geschichtchen hier treffend charakterisieren.

    Denn Weinstuben waren und sind immer noch fürs Volk. Eine Bar dagegen sollte man nur eine amerikanische nennen, wo die Spezies der Barfliegen, die mit Wein absolut nichts am Hut hat, ihre Martinis kippt ...

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  2. Aber sagen sie das mal den Betreibern der Weinbars, dass sie sich ab jetzt Stuben nennen sollen ...

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  3. Überhaupt, beim Der Wein ist eine große lange Bar. Bei einer Stube denkt man an schreckliche Bauernmöbel und Dirndl und Serviererinnen in Birkenstocksandalen. Brrr!
    Bollinger hoch!

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