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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Samstag, 29. Oktober 2011

Durch diese hohle Gasse ...
















Pierogie ruskie, Barszcz czerwony, Kurczak etc. erwartet einem in diesem wunderbaren polnischen Restaurant in South Kensington.



(sf)

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Battarias aus Piemont

Sie reisten geschlossen nach Wien, ihre besten Weine im Gepäck, die Winzer aus dem Piemont. Der Einladende: das österreichische falstaff-Magazin. Danke, falstaff. Einige der bekannten (Chiarlo) oder noch nicht so bekannten Winzer gaben interessierten Weintrinkern in den Hofstallungen des MQ die Chance. Schon beim Eingang duftete es nach beschwingtem Verkostungsritual. Die Mengen, die den Gästen kredenzt wurden, allerdings homöopathisch. Eine falstaff-Degustation ist kein Saufgelage. Barbera, Barolo und Barbaresco hatten sie uns mitgebracht und das Wenige an roter Flüssigkeit, das wir im Glas hatten, war teilweise säuerlich und wässrig und dann wieder tiefgründig Nebbiolo-artig, reif und wunderbar. Eifriges Notieren der Besucher. Ein Schwall an Bestellungen könnte demnächst auf die Piemont-Winzer niederprasseln, falls die Wiener ihre Eindrücke nicht nur im Kurzzeitgedächtnis behalten. Sehr gut, um nicht zu sagen besonders gut, machte sich später Tom Wohlfarter am Herd des Amaranthis, wo an die hundert Gäste zu verpflegen waren. Wir lernten von den Herren aus dem Piemont, dass man Batteria sagt, wo wir von einem Flight sprechen. Man gab perfekten Service, Steinpilzcreme, kernige Risotti mit Alba-Trüffel, geschmorte Butterkalbsbackerl und delikates Reh. (ar)


Samstag, 15. Oktober 2011

Mutter, du schmeckst mir

Besuch auf der Terra Madre, der Slow-Food-Messe im Wiener Rathaus: Danach wird man nie mehr wieder im Supermarkt einkaufen können. Konnte ich auch vorher schon nicht. Supermärkte sind da für Glühbirnen, Katzenfutter und Klopapier. Rest kann man weglassen. Die Glühbirnen hat die EU verboten, Katze habe ich keine. Auf der Terra Madre stürze ich mich gleich auf den Stand der Familie Wetter. Durst. Das gerade laufende Jahr brachte eine hervorragende Apfelsafternte. Boskop, Cox Orange - wie unglaublich gut die sortenreinen Säfte schmecken. Nachher Birne. Aus Deutschland kommt die Champagner Bratbirne. Brut. Im Glas ein feinnervig gesponnenes Birnenaroma, Champagner in der Nase, trockene Birne am Gaumen. Gleich daneben der Stand mit dem in Tannenrinde verpackten Schafskäse aus Rumänien. Die Frau, die dahinter steht, tut sich mit dem Lächeln in die Kameras schwer, sie sei Rumänin, da lächle man nicht soviel. Der Käse ist fantastisch und der Stand um die Mittagszeit leergeräumt. In einem Kuppensaal weiter hinten darf man sich einem Geschmacks-Blindtest unterziehen. Ich setze die Schlafmaske auf, die ich von Langstreckenflügen kenne, und bekomme etwas knuspriges in die Hand. Tastsinn, Geruchssinn, Geschmackssinn. Es schmeckt trocken und fad, erinnert an ein bestimmtes Korn. Die freundliche Dame, die mich betreut, sagt Dinkel. Außerdem seien da noch Kräuter drin, Basilikum und so. Ich scheitere. Probe Nummer 2 bringt Ketchup, also Tomatenaroma, Süße, etwas Umami, das schaffe ich gerade. Es wird besser. Probe 3 und 4 habe ich vergessen. Probe Fünf fühlt sich in der Hand an wie Harribo, riecht irgendwie nach Tee und erweist sich beim Kauen und Schmecken als gelierter Ingwer. Gut abgeschnitten, sagt die freundliche Dame. Ist das echt oder bloß zum Trost? Die nächsten Proben werden wieder mit offenen Augen veranstaltet. Die Wurst vom pannonischen Steppenrind. Leberkäse leider aus. Im Arkadenhof des Rathauses treffe ich Herrn Satek, gemeinsam begeben wir uns auf Cross-Over-Tasting. Das heißt man wandert von Stand zu Stand, bewaffnet mit viel Kleingeld und einem Weinglas. Hier der Wein von Sepp Moser, großartig der unfiltrierte Grüne Veltliner, da das Rind aus dem Waldviertel, ein Stück am Spieß gebraten, große Fleischeslust, es tropft der Fleischsaft auf Hemd und Boden. Ein paar Schritte weiter das Grubenkraut aus der Steiermark. Kraut gärt im eigenen Saft in einer Erdgrube. Handwerkliches Superwissen ist nötig, damit da keine Pletsch'n, sondern knackig, hocharomatisches Kraut herauskommt, dass an diesem Stand in Miniportionen in  einem Papierstanitzel verteilt wird. Eine Spur Speck, etwas Kümmel, das ist Poweressen pur. Mit der zweiten Portion Kraut wandern wir zum Speckstand. Jetzt ein Brot mit Speck aus Oberösterreich, der fast nur aus blütenweißem Fett besteht. Speckbrot und Grubenkraut, besser geht es nicht. Hinüber zum Stand des Fischzüchters Brauchl, der aus einer zwei Jahre lang gewachsenen Bergforelle Sushis macht. Dann ein Schnecken-Lardo-Spieß von Gugumuck. "Oh, they have snails," sagt das amerikanische Pärchen. Und schon leisten sie den anderen Schneckenessern mit einem Papprtellerchen Gesellschaft. Jetzt vielleicht noch etwas Käse. Surer Kees aus dem Montafon. Die Milch in Holzfässern mit der Säure versorgt. Ein aromatischer Wahnsinn, die ganze Standlreihe badet in dem Geruch. Daneben der kahlköpfe Butterbauer Strasser aus Oberösterreich. Er schneidet von einem Zwanzig-Kilo-Ziegel Rohmilchbutter Scheiben für dankbare Kundinnen, die demnächst ratlos im Supermarkt vorm Butterregal stehen werden. Es gibt aber kein Zurück. Bratelfett, perfekte Mischung 50:50 aus Saft und Schmalz, hat Strasser auch. Alles eingepackt. Der Abend geht dem Ende zu, noch schnell auf ein Glas zu Sepp Moser, dann zufrieden nach Hause auf das beste Brot mit Wurst vom Steppennrind und Rohmilchbutter aller Zeiten. (ar)

Dienstag, 11. Oktober 2011

Der Schankbursch des Jahrzehnts

Alex und Paul, versierte Kenner der Wiener Feinkosterei, weisen mich darauf hin: Jörg Wörther kocht in einer kleinen Bio-City-Osteria in der Annagasse. Wörther kocht? Sofort sage ich meine Verabredungen mit Charlene de Monaco und Herzogin Kate ab und hetze hin. Beim Lokaleingang das Schild "Der Koch des Jahrzehnts kocht bei uns". Er macht es noch zirka eine Woche, also warten Sie besser nicht zulange. Das Lokal ist irgendwie lustig, denn es schaut nach nichts aus und gleichzeitig ist es so gemütlich, dass keiner der Gäste nur auf ein Glas oder einen Espresso verweilen möchte. Bio ist das Zauberwort, eigentlich ein Begriff, der seine Magie längst eingebüßt hat. Prosciuttoschneidemaschine und Schinkenvitrine (Mangalitza, what else). Wie kommt Wörther da her, wo es wirklich nur eine kleine Kochstelle hinter der Schank und sonst wenig gibt, fragen wir uns und die Wirtin mit ihrem sympathisch unwienerischen Akzent. Bio-Guru Lampert habe etwas damit zu tun, so die Frau Wirtin, Stammgast und ein guter Bekannter des genialen und ewig verkannten Jörg aus Salzburg. Der hat offenbar eine solche Geilheit aufs Sautieren und Schmoren, dass es ihm wurscht ist wo. Wobei: dieses Lokal ist sympathischer als andere Wiener Locations, wo Jörg Wörther mangels eigenem Wirtshauses in den letzten Jahren gekocht hat. Es gibt exzellenten Bio-Rosé-Sekt, der besser schmeckt als fast jeder Champagner. Dann der erste Teller, ein Attersee-Saibling mit Gurken, der ein wenig anämisch daher schwimmt. Die kleinen Attersee-Saiblinge finde ich mit traditioneller Knusperkruste am besten, aber damit bin ich offenbar allein. Zwiebelsuppe in einer bezwingend guten Variante, nämlich mit dem Aroma des Zwiebels, nicht aber seinem Inlay, also weder rustikal, aber auch nicht feingeschissen. Genial. Leider ein inflationär gebrauchtes Kompliment. Die hauchdünne Speckscheibe, die in dieser Zwiebelsuppe paddelt und dem Suppenlöffel keinen Widerstand bietet, die muss einer einmal zusammenbraten. Nach dem Waller könnte ich dann aufhören und mich erschießen, so gut ist der. Auf der Karte stand irgendwas von Spinat, wir kriegen eine Kartoffelscheibe und einen Hauch Lauch und es reicht, um Wörthers Gemüsekochkunst zu würdigen. Dann Bries und Kalbsbackerl auf Linsen, die mit Kamille (?) gewürzt sind. Bries können sie ja in Österreich nicht so wirklich, Wörther kann es. Die Kohlrabi zum folgenden Gang empfinde ich als etwas ländlich grob, wiewohl sie kenntnisreich in Obers gegart wurden. Das kleine Stück vom im Wacholder gebratenen Reh dafür wieder fast vollkommen. Dann der Schokoladepudding - warum hat Mutter uns das früher nicht serviert, als wir Kinder waren? Nicht darüber nachdenken. (ar)


Freitag, 7. Oktober 2011

Botolen & Brunnhuber, übernehmen Sie

Das Artner am Franziskanerplatz irrte seit Jahren durch Wiens Gastronomie wie Odysseus auf dem Meer. Man wußte nicht genau, wofür es stand, man fragte sich schließlich, warum es überhaupt dastand. Ein teurer Grill macht noch kein gutes Lokal. Es muss auch jemanden geben, der ihn bedienen kann. Ein Glück für die Betreiber, dass zwei Task-Force-Leute in der Wiener Gastronomie gerade frei waren. Hermann Botolen macht jetzt den Wein und Christoph Brunnhuber kümmert sich ums Essen. Damit es beide nicht zu leicht haben, hat ihnen die Familie Artner noch je einen Betrieb in  der Hermesvilla (Wien) und im Designer Outlet Parndorf (Nowhereland) aufgebrummt. Für beide ist das natürlich ein Klacks, für oben genannte Örtlichkeiten sicher eine Bereicherung. Bleiben wir aber in der Innenstadt. Das Artner ist ob seiner Einrichtung kein Balsam fürs Auge, die Lage allerdings superb. In kurzer Zeit hat Christoph Brunnhuber der Karte  Persönlichkeit verliehen. Steaks vom Simmentalrind und vom Grill stehen immer noch im Mittelpunkt. Gut so. Ein Cote de Boeuf, sechs Wochen "dry aged", perfekt gegrillt, hatte ich in dieser Qualität noch ganz, ganz selten, wenn überhaupt, in Österreich und nicht nur da. Man fühlt sich wieder bestätigt, dass das Leben als Carnivore einfach das sinnvollere ist. Dazu hausgemacht, eh klar, die Pommes, vielleicht ein bisschen zu dunkel gebräunt, eine herrliche Sauce Bernaise, Ketchup, Gemüse ... Hermann Botolen ist dann mit einem köstlichen Wein zur Stelle wie in den guten und leider oft wirklich besseren alten Zeiten. Er hat in Windeseile der Artnerschen Weinkarte so etwas wie Profil verliehen. Leider war das finanzielle Povoir bei weitem nicht vergleichbar mit dem letzten Job bei Meinl am Graben. Macht aber nicht soviel. Botolen beweist aber auch mit kleineren Rahmen, was er draufhat. Es gab übrigens nicht nur Steak. Ein Krenrisotto mit einer Scheibe Beinschinken war von bekannter Brunnhuberscher Delikatheit, der Schinken allerdings etwas säuerlich. Nachher dann Tarte mit Feigen und Äpfel, so was von gut, wie man es an der Tuchlauben immer wieder gerne hatte und jetzt leider nicht mehr hat. (ar)

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Wer kocht so gut wie Kim kocht?

Kim präsentierte ihr neues Kochbuch und bewies damit wieder einmal, dass sie ein Multitalent ist. Nicht nur als Köchin scort sie in Wien seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten, auch die Unternehmerin Sohyi Kim ist nicht ohne. Jetzt aber zurück ins Original, das immer noch nicht brasserie-artige, aber immerhin so dimensionierte Restaurant, in dem mehr als zehn Personen essen können. (Haben sich deswegen die absurd langen Wartezeiten auf einen Tisch reduziert? Das muss jeder selbst überprüfen.) Die Rezepte wurden vom steirischen Food-Meister-Fotografen Thomas Schauer gekonnt ins Bild gesetzt. Schauer ist so gut, dass er fast immer für deutsche und New Yorker Sterneköche arbeitet. Kim kochte ein paar Rezepte aus ihrem Buch nach. Ein kurz angebratenes Thunfisch-Sashimi mit einer Salsa aus Chili, Erdbeeren und Himbeeren. Originell.
Eine Suppe aus Lemongras und Fisch, darin Wantans mit delikaten Füllungen. Dann genial, auch wenn das unter Essern ein inflationär verwendeter Begriff sein mag: die Seezunge im Cedri-Päckchen à la Renate. Renate heißt eine Freundin Kims, die sie mit den Vorzügen der Cedri-Zitronen bekannt machte. Diese schmecken weniger bitter und zitronig als andere Sorten und eignen sich hervorragend zum Essen. Der Fisch, die Zitrone, Korianter, Berberitzen, Pfeffersalz, Olivenöl, Zitronenthymian und Kirschtomaten ergaben ein bezwingend gelungenes Miteinander. Asia-Cooking ist das längst nicht mehr. Kim gehört zu den wenigen Fusionsköchen, die wirklich alle Stile beherrschen. Ich traue ihr auch locker das beste Wiener Schweinsschnitzel der Welt zu. Die Mangopolenta zum Hauptrostbraten war mir allerdings zu süß. Seltsam, dass die Weine vom Freigut Thallern, die an dieser Stelle sonst sehr geschätzt werden, diesmal so gar nicht in Form sein wollten. Lag es am Halbmond?Das Buch ist gut geschrieben und konzipiert. Schön ist es auch. Ob allerdings allen Hobbyköchen das Erfolgserlebnis zuteil werden wird, so gut zu kochen wie Kim, ist zu bezweifeln. Dafür kocht sie einfach zu gut. (ar)

Dienstag, 4. Oktober 2011

Dieser Teller rettete mein Leben/4

Sonntag späterer Abend auf der Westautobahn Richtung Wien. Für den zu stillenden Hunger rechts und links Hoffnungslosigkeit. Der Vorort, in dem ich wohne, bietet dem hungrigen Heimkehrer nichts, außer ein paar Heurigen, also überhaupt nichts. Da die Ausfahrt Mayerling. Beim Hanner hat die Küche (und die Chefitäten haben sich ihr angeschlossen) schon Feierabend, doch das Restaurant ist trotz Sonntagabend gut gebucht. Perfekt eingespielt wie immer der Service und schon steht ein Glas Champagner auf dem Tisch. Ich bescheiden. Etwas Käse und ein Glas Wein vielleicht, mehr müsse es nicht sein. Es fährt der Käsewagen vor, der Maserati unter den Käsewagen, totschick. Vor allem aber mit besten und allerbesten Käsen bestückt, die der wundervolle Maitre Antony aus dem Elsass dem Heinz Hanner schicken lässt. Antony ist der Papst unter den Käse-Affineuren. Seine Kunden heißen Ducasse oder Passard und so weiter. Der Maitre in Mayerling stimmt meisterhaft ab die Weine zu den Käsen. Letztere sind perfekt. Kein großes Ereignis, werden Sie vielleicht sagen. Wenn man auf so herzliche Weise aber davor bewahrt wird, hungrig ins Bett zu gehen, ist das schon etwas. (ar)

www.hanner.cc