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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Freitag, 6. Januar 2012

Über den Tellern von Nizza, erster Tag

















Nizza nach Neujahr. Also während der Rest Europas sich die Schischuhe anzieht. Die Idee ist so gut, dass sie schon vor uns jemand gehabt haben muss. Die Engländer entdeckten die Vorzüge des milden Klimas zur Winterszeit schon vor mehr als einem Jahrhundert. Die Russen waren ebenfalls da. Sie sind es jetzt auch wieder, während die Engländer an der Krise würgen wie die anderen Europäer. In Wien oder Berlin um die Null, an der Cote d'Azur an die 15 Grad, wenn die Sonne scheint sind es zwanzig. Schon am Tag der Ankunft, obwohl es kräftig regnet, reiße ich mir die Jacke vom Leib, als ich vom wunderbar deutsch besprochenen Sixt-Schalter zum Wagen gehe. Erste Anlaufstelle das spannendste Restaurant der Stadt. Es heißt La Miranda und die Spannung liegt in der Tatsache, dass man nie weiß, ob man etwas zu essen bekommen wird oder nicht. Sie haben kein Telefon, kein Internet, keine Kreditkarten. Aber das ist dann ein Triumph, wenn der drahtige Oberkellern auf die Frage, ob ja oder nein, nickt. Bei Dominique Le Stanc, einem altgedienten Sterne-Chef und seiner immer noch bezaubernden Frau gibt es die beste Nizza-Küche für die bescheidene Geldbörse. Das Lokal ist nicht größer als eine Autogaraga, in der ein schmaler Morgan Platz fände. Die Hocker mit rotem Plastikleder sind gefühlte 35 mal 35 cm groß. Auf einer Schiefertafel suchen wir aus. Wunderbare kleine Pizzen als Vorspeise, leuchtend grüne Streifennudeln mit Pesto, Roquette mit Oliven und verteufelt gutem Ricotta. Das Lob der Tripes à la nicoise trage ich seit einiger Zeit mit mir herum wie ein Feuermal, sie seien auch an dieser Stelle noch einmal besungen. Die Sauce aus Wein und Geschmack und Mundgefühl dieser Kutteln sind unübertroffen. Diesmal aber ist es Tete de Veau mit Sauce Gribiche, das Gericht, das ich schon beim letzten Besuch wollte, aber mir vom Nachbarstisch weggeschnappt wurde. Der Maitre des Hauses, der gleichzeitig Ober, Flaschenträger, Tischabräumer und Reservierungsmanager ist (es gibt eine Liste, aber man muss persönlich erscheinen, um sich eintragen zu lassen) weist mich rührenderweise auf den Galerteanteil des Kalbskopfs hin. Man kann ja nie wissen, was der Tourist schon alles gehabt hat und was nicht. Kalbkopf köstlich, Sauce Gribiche ein Gedicht, fast so gut wie bei Benoit in Paris, wo immerhin Gott Ducasse den Küchenchef aussucht. Nachtisch eine regionale Spezialität, eine Tarte aus Mangold und Pinien, sowie Birnen in Rotwein. Es soll noch Platz bleiben fürs Abendessen. Das findet ein paar hundert Meter weiter statt, wo in einem Ecklokal das Petite Maison wohnt. Kultstätte, von einer kurzhaarigen Dame namens Colette geführt. La Petite Maison ist ein bisschen das schicke Teil von Nizza, ein Borchert ohne Schauspieler und Politiker, aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Das Essen ist gut, aber nicht so herausragend wie die Preise. Lobenswert die Beignets de courgettes, die Haricot Verts mit Foie Gras und etwas Essig, okay dann der Loup de mer mit frittierten Artischoken. Warum ich für ein Mangosorbet mit Mango gleich einmal 15,- hinlegen muss, würde ich gerne erklärt bekommen, andererseits will ich es nicht so genau wissen. (ar)

1 Kommentar:

  1. Lustig wäre ein Mangosorbet ohne Mango gewesen! Das wär dann die 15 Eier wert gewesen.

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