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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Freitag, 22. März 2013

Wie gut muss Dummheit schmecken
















Die Sache mit den Light-Produkten. Mich selbst betrifft sie ja nur am Rande. Cola light geht mich nichts an, weil ich Coca Cola nur einmal im Jahr bei einem bestimmten Mondstand und einem festgelegten Grad der Alkoholisierung am Vorabend zu mir nehme und wenn, dann nur aus den kleinen, hübschen Original-Flaschen. Fleischpastete light hatte ich noch nie und Joghurt schmeckt nun mal nur mit Fett.

Doch die Menschen essen immer mehr von den so genannten fettreduzierten Sachen. Sie versagen sich den Geschmack in der Hoffnung auf weniger Kilos auf der Waage. Auffallend aber, dass sie trotzdem immer fetter werden.

Der Verdacht liegt also seit Jahrzehnten nahe, dass Light nichts hilft. Zumindest nicht soviel hilft, wie erwartet. Eine Studie, in Zürich, Wien und München durchgeführt, hat jetzt einen Hinweis gefunden, warum das so sein könnte. Aussage in Kürze: Fett macht satt und hilft also beim Abnehmen. Es kommt aber aufs Fett an. Nachzulesen im Online-Spiegel.

So leicht, wie das die Nahrungsmittelindustrie und ihre Werbeagenturen darstellen, funktioniert das mit dem Kaloriensparen nicht. Doch leider wollen die Leute nicht selbst nachdenken, sondern glauben, was ihnen die Lieferanten ihres nächstgelegenen Supermarktes auftischen.

Man könnte es Bequemlichkeit nennen, aber auch von schlichter Dummheit reden.

Jetzt haben wir Frühling. So wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf getrieben wird, tauchen auch immer wieder neue Diätvorschläge auf. Dabei wäre es doch so einfach: weniger, aber vom Guten. Doch dabei müsste man selbst denken und entscheiden, doch die grauen Zellen sind ja müde, von der Langeweile im Büro und da sie von der Industrienahrung mit Nährstoffen grundsätzlich unterversorgt sind.

Die Studie spricht unter anderem von den Vorzügen besonders der italienischen Olivenöle. Sie enthielten jene Aromenstoffe, die schneller das Gefühl aufkommen ließen, satt zu sein, so die Wissenschafter.

Aromen, hört der Schmecker, und sagt sich: Das ist gut, da fällt für mich auch etwas Vergnügliches ab. Und dann fällt ihm ein, wie selten er in Italien wohlbeleibte Menschen sah, als er letztes Mal hinfuhr. Dass in den Kühlschränken des Südens mehr frisches Obst und Gemüse sowie Olivenöl lagert anstelle von Light-Joghurt und Light-Konserve, darf vermutet werden.

Bleiben wir im Norden. Auffallend ist, dass es nicht nur bei Light-Produkten nicht eingehaltene Versprechen der Industrie gibt, sondern auch bei fast allem, was in den Supermarktregalen liegt. Sie haben ja während der letzten Wochen die Zeitungen gelesen.

Neben dem Würgen und Kotzen angesichts ständig neuer Unappetitlichkeiten aus dem Angebot der Nahrungsmittelindustrie fand man dann noch Zeit die Frage zu diskutieren, ob es nur die böse Industrie sei, die an den Skandalen Schuld trage oder ob man die Konsumenten nicht auch ein bisschen in die Pflicht nehmen könnte.

Knapp mehr als einen Euro für Tiefkühllasagne und niemand wird misstrauisch? Bio-Hühnereier zum Dauertiefstpreis und keinem fällt das auf?

Es erinnert ein bisschen an den blinden Glauben an die Versprechen einer anderen, ebenfalls hoch dubiösen Industrie, nämlich der der Banken und Versicherungen, die über zehn Jahre ebenfalls ohne viel Nachzudenken geglaubt wurden. 8 % Zinsen ohne Risiko? Aber bitte gerne. Aktien von Internet-Start-Ups, die keinen Cent Gewinn machen? Her damit!

Jetzt  spricht man von den sprichwörtlichen "kleinen Leuten", die sich um ihr Geld betrogen fühlen. Nicht nur auf der Insel, sondern auch bald in anderen europäischen Ländern werden sie merken, dass ihre Zusatzpensionskonten und Fondserträge immer schlanker werden.

Echt eine dumme Sache. Die einen glaubten den Versprechen der Light-Industrie und klagen weiterhin über die Fettpölster auf ihren Hüften. Die anderen glaubten den Verkündungen der Finanzindustrie und beklagen die zunehmend bedenkliche Verschlankung ihrer Brieftasche.

(ar)

mail@alexanderrabl.at


1 Kommentar:

  1. Tucholsky wird ein Zitat zugesprochen: "10 Deutsche sind natürlich dümmer als 5 Deutsche." Und die breite Masse, die sich Tag für Tag durch die Supermärkte und Discounter ergießt ... Kein weiterer Kommentar.
    Es gibt immer mehr Kochsendungen im Fernsehen, die durchaus gut kochen (nicht die Sendungen, aber die Köche da drin). Der Zuschauer sitzt aber mit seiner aufgebackenen TK-Pizza oder -TK-Lasagne für 1,99 € oder Chips vor dem Fernseher und schaut zu. Was dann passiert: s. o.
    Verarbeitete Nahrungsmittel sind nur deswegen auf dem Markt, um Gewinne der Hersteller zu erzeugen. Mehr Sinn haben sie nicht und dementsprechend sind sie zusammengesetzt. Das Ziel muss sein: Grundzutaten kaufen und selber machen. Und "keine Zeit" ist kein Argument. Alles eine Frage der Organisation und der Prioritäten.

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