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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Mittwoch, 31. Juli 2013

Keta-Kaviar in St.Moritz

Keta-Kaviar, also das orange Zeug, das es auch beim Billa und beim Merkur gibt, ist eigentlich genau genommen für das mondäne Alpen-Monaco namens St.Moritz ein No-Go. Der Snob denkt dabei sofort an einen #Aufschrei und hält sich an der Krawatte mit dem Dracula-Club-Logo fest.

Dennoch gab es  Ketakügelchen als Vorspeise zu einem rohen Thunfisch mit Avocado. Nicht vielleicht im Stehinbiss einer Liftstation. Im Talvo by Dalsass gab es das, dem mittlerweile doch recht berühmten Restaurant im Nachbarort Champfèr. Es schmeckte brav und nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die Sache mit dem Keta-Kaviar ließ mir keine Ruhe. Muss Martin Dalsass, dessen Lokal sicher eher zu den Kostpieligeren des Oberen Engadins zählt, auf einmal bei den Produkten sparen? Findet sich im Sommer niemand mehr, der für einen Löffel Oscietra 100 Franken oder mehr hinlegt?

Hat ihn am Ende die Lust an der Demokratisierung übermannt, so in der Art: Auch Krisenverlierer aus Italien, Hartz V Reisende oder Blogger sollen sich mein Restaurant leisten können, weshalb ich statt Störkaviar den Billigstdorfer wähle? (Die günstige Variante gibt es um 48 CHF, also die mit den orangen Kügelchen.)

Ansonsten ist das Essen im Talvo sehr in Ordnung, ein rosa gebratener Maibock mit einem Kräutermäntelchen exzellent (warum es Ende Juli noch Maibock heißt, konnte man mir nicht erklären, versicherte aber, dass es sich um keine Tiefkühlware handelte.) Die Sauce dazu, aus Rotwein mit Ribisel und somit von idealer Säure möchte ich auch gerne können. Witzig die Minigemüslein, herrlich das Kartoffelpürée, ein Dalsass-Klassiker.


Was gibt es sonst noch zu berichten? Ich genoss einige Tage die Gastlichkeit des Dorfes St.Moritz, stellte fest, dass die im Palace herrliche Champagner-Drinks hinkriegen (besonders gut: der Rossini mit Erdbeeren), dass mein Zimmer im Monopol gleich hinter dem Palace zwar klein war, aber eine herrliche Aussicht besaß (Nummer wird hier selbstverständlich nicht verraten, ich will wiederkommen), und dass es nicht auf jeder Alm Bündnerfleisch und Capuns (hiesige Spezialität aus Spätzleteig und Mangold, in Milchwasser gekocht) gibt.

Diese gehören allerdings zu den unbedingt probierenswerten Spezialitäten der Region, die sich im Sommer ihrer Engadiner Tradition des gemeinsamen Feste feierns besinnt. Während des Winters sind zu viele Fremde da.

Die Sache mit dem Keta-Kaviar ist schon okay, denn im Sommer bemüht sich St.Moritz auch um den Gast, der nicht im Lamborghini vorfährt. Manche vielleicht an der Grenze zum Too-filthy rich-Niveau angesiedelte Lokale wie das Nobu haben gleich gar nicht offen. Dafür ist in den Zigarrenlounges genug Platz.

Diese verdienen übrigens ihre Namen wirklich und sind mit dem, was es in Österreich oder Italien für rauchende Zeitgenießer im Angebot gibt, nicht in einem Atemzug zu nennen.

Weil Sie gerade fragen: Natürlich gibt es in St.Moritz einen Davidoff-Laden. Er alleine ist die Reise ins Engadin bereits wert.

(ar)

Montag, 22. Juli 2013

Wein und Bergkräuter am Libellensee

Der Libellensee liegt in einem Wäldchen in Oberlech. Er ist kleiner als der Bodensee, aber größer als die Badewanne in meinem Hotelzimmer. Den Namen hat er von den vielen schönen Libellen, welche oberhalb des Wassers ihre Runden fliegen, während derer es auch manchmal zu einer Paarungssituation kommen kann.

Die Libellen, so erzählt die Sage, seien nicht zufällig hier. Sie würden den Geist bewachen, der unter der Wasseroberfläche des Libellensees wohnt. Ob es ein guter oder ein böser Geist ist, weiß man eigentlich nicht, aber sicher ist sicher.

Wenn die Libellen ihre Kreise fliegen, wundern sie sich bisweilen. Eine Gruppe von Menschen taucht auf, lässt sich am Ufer des kleinen Sees nieder. Sie haben Weinflaschen und Gläser dabei, was bei den Libellen nicht weiter komisch vorkommt. Sie wissen, dass intelligente Menschen oft Gläser und Weinflaschen mit sich führen.

Doch einer von den Seebesuchern hat einen Korb dabei, gefüllt mit gerade gesammelten Bergkräutern. Kräuter sind nicht so die Sache der Libellen, sie würden es verstehen, wenn man den Wein zum Käse serviert, aber das mit den Bergkräutern - seltsam sind sie doch, die Menschen.

Sommelière Tanja Gohrke und Küchenchef Thorsten Probost vom Burg Vital Hotel haben sich die Sache einfallen lassen. Probost darf sich als ausgewiesener Fachmann im Gebiet der Kräuter bezeichnen lassen. Er kennt wirklich jedes Gewächs in den Oberlecher Bergen, weiß um seine gesundheitliche Wirkung und um die perfekte Dosierung. "Sauerklee", sagt er zum Beispiel, "kann in großen Dorsierungen giftig wirken." Er ist ein großer Fan des Bergschnittlauchs, verwendet guten Heinrich statt Spinat und sagt: "Wenn der Stengel einer Pflanze mehr als fünf Ecken hat, ist sie wahrscheinlich nicht genießbar."

Wußte ich zum Beispiel nicht. Sie?

Tanja Gohrke fand die Idee, Wein zu Kräutern zu degustieren und auf die Wirkung zu überprüfen, interessanter als das schon lange durchgekaute Thema Wein und Käse. Egal, was die Libellen am Libellensee davon halten, öffnet Tanja erst einmal einen Sauvignon Constantia Glen aus Südafrika. Es ist ein 2011er und noch sehr jung, mit weniger agressiver Frucht als zum Beispiel eine steirische Klassik. Mit Leimkraut funktioniert der Wein erst einmal gar nicht, es wird bitter im Mund. Mit wildem Kümmel gefällt die Frucht des Sauvignons schon eher.

Der nächste Wein: Riesling Smaragd 2007, Alzinger, ist in jedem Fall ein Genuss. Gewagt, den Wein mit wilder Minze zusammen zu bringen, doch das Petrol der Minze macht sich exzellent mit dem reifen Wachauer Riesling. Schließlich öffnet Tanja einen wuchtigen, holzbetonten Chardonnay von Löwengang 2009 von Alois Lageder aus Südtirol. Ein Wein, der den Trinker unter einer Holzlawine begräbt.

Doch Kräuter wie Sauerklee oder andere eher säuerliche Pflanzen geben dem Wein den richtigen Kick.  Es wirkt mit seiner Frische gegen die Üppigkeit des noch sehr jungen Weins. Detto Zahnlavendel und Quendel.

"Wenn ich also merke, ich habe einen Wein, der nicht hundertprozentig zum Essen passt oder mir einfach einen Tick zu heftig ist, kann ich ihm mit ein passenden Wildkräutern eine andere geschmackliche Richtung geben."

Wir trinken aus, die Libellen drehen weiter ihre Runden. Der Geist des Libellensees, oft muss er schrecklichen Durst haben.

www.burgvitalressort.com


Freitag, 19. Juli 2013

Gelangweilt unter dem Rewebogen

Fällt uns etwas auf, wenn wir durch die Innenstädte von Florenz, Paris, Bordeaux oder Amsterdam spazieren und dann durch den ersten Bezirk in Wien? Nirgendwo ist die Dominanz zweier so genannten Lebensmittelketten so sichtbar wie in den teuersten Gegenden Österreichs.

Am Neuen Markt, am Hohen Markt: sie machen sich breit im Auge des Betrachters mit ihren Riesenlogos und Preisschildern, der sich, bevor er sich mit Grauen abwendet, fragt, warum das eigentlich so sein muss.

In Florenz ein kleiner Delikatessenladen neben dem anderen, wo es Gemüse und Wurst oder Wein aus der Toskana gibt, in Paris winzige Geschäfte für Käse, Wein oder Brot, legendär gut sortierte Charcuteries mit locker einem halben Dutzend verschiedener Geflügelsorten. In jedem Bezirk winzige Märkte mit Topware aus dem Meer.

In Wien Billa und Spar. Dass wir von denen nach kürzlich veröffentlichten Studien auch noch richtig abgezockt werden, passt ins Bild. Denn wo ein Monopol ist, darf sich der Kunde keinen Preisvorteil erwarten.

Warum lassen die Österreicher, die Wiener sich diesen langweiligen Einheitsbrei aus Industrieprodukten und camouflage-artig aufgetragenen so genannten "Delikatessen" und Bio-Lebensmittel (wieder aus Massenproduktion) gefallen. Schmeckt ihnen das oder ist es ihnen egal.

Dass bei den Deutschen nur zehn Prozent essen, um zu genießen, während die anderen Neunzig einfach irgendwas reinhauen, um bloß satt zu werden, dieses ernüchternde Ergebnis über die Essgewohnheiten in einer der reichsten Nationen der Welt, lässt sich auf Österreich bedingt umlegen.

Vielleicht sind es bei uns 15 oder 20%. Der Rest schlucht, was ihnen im Supermarkt aufgetischt wird.

Seit einem halben Jahr haben wir in Wien einen Merkurmarkt, der sich, wie es hieß, anschickte, dem Meinl am Graben Konkurrenz zu machen. Um sicher nicht wenig Geld wurde die Kultköchin Kim eingekauft, die seither dort ein kleines Restaurant führt. Ich hatte nie Gelegenheit, beim Merkur am hohen Markt hineinzuschauen. Vor kurzem war ich dort.

Die Eindrücke, Sie werden jetzt nicht überrascht sein, unterboten meine Erwartungen. Viel Gemüse, wenig davon, das sich von der üblichen Massenware unterscheidet. Das Käseangebot eine Lächerlichkeit, die Fischtheke einen geschätzten halben Meter breit, das Fleischsortiment erbärmlich. Zwei Hendeln liegen da: eines trägt ein Schild: "Premium". Und sonst?

Meterweise Softdrinks, Müslis, Fertigpizzen, Abgepacktes, Zelofaniertes.

Gallerie Lafayette, Alsterhaus, Harrods sind Namen, von denen man in Wien nur träumen kann. Statt ihrer machen sich Lebensmittelketten in den teuersten Immobilien der Innenstadt sowie Umgebung breit, weil es für sie in Anbetracht des volatilen Aktienmarktes die beste Anlageform ist.

Samstag, 13. Juli 2013

AUA!

Warum erscheint in unserem kulinarischen Vergnügungsblog eine Geschichte über den mieserablem Kundenservice der AUA? Weil es erstens den Blog "Die schlechtesten Fluglinien der Welt" noch nicht gibt (ich überlege mir allerdings sehr, diesen in Kürze ins Leben zu rufen) und weil wir wissen, dass, wer gut essen will, viel reisen muss.

So landet er dann irgendwann am Flughafen Roissy Charles de Gaulle, einem der häßlichsten Flughäfen Europas.

Hier sitzt er und sagt sich: "Du kannst froh sein. Snowdon sitzt auch auf einem Flughafen fest, doch dieser befindet sich  in Moskau und nicht vor den Toren von Paris. Snowdon ist also schon schlechter dran als du, auch wenn der französische Präseident dir noch keine Bedingungen für ein Asyl gestellt hat. Du brauchst auch kein Asyl in Frankreich.

Denn du wirst nicht von der mächtigsten und gerade ihren Ruf vollkommen torpendierenden Nation mit dem Einsperren oder gar dem Tod bedroht. Es geht dir gut. Du hast nur ein Pech: du bist Passagier der Austrian Airlines."

Wobei es richtigerweise heißen muss: Du hättest Passagier der Austrian Airlines sein sollen. Flug von Bordeaux nach Paris (Sie merken, es geht beim Reisen auch ums Essen und Trinken, denn was tut der Mensch sonst in Bordeaux?). Dann weiter nach Wien. Ein Flug von einer Großstadt zur anderen, einfache Sache, möchte man sagen. Nicht mit den Austrian Airlines.

Erst am Gate erfahre ich, dass der Flug um 20.15 Uhr nach Wien annuliert worden ist. Technisches Gebrechen oder so. Mein Gepäck, darin Medikamente, das letzte frische Hemd sowie ein flüssiges Geschenk der grißartigen Firma Lillet, ist gerade auf dem Weg nach ... wohin eigentlich?

Die Dame am Austrian Airlines-Schalter in 2D (Terminal 2, Abteilung D) schaut mich nicht einmal an, als ich ihr mein Ticket vorlege, dem nun kein Flug gegenübersteht. Man möge sich an die Air France wenden.

15 Minuten Fußmarsch später erfahre ich am Air France-Ticketschalter nach weiteren 15 Minuten , dass ich mich an den Costumer-Service der Air France wenden muss. Dort würde man mich gerne wieder zu den Austrian Airlines zurückschicken. Generell besteht Übercforderung und die Gefahr, dass mir das wunderbare Mittagessen, welches ich in Bordeaux vor ein paar Stunden hatte, hockommt, während das Mädchen hinter der Glaswand vergeblich versucht, einen Alternativ-Flug zu organisieren.

Die AUA, die eigentlich für die Passagiere, die sie aus irgendwelchen Gründen nicht fliegen können, zuständig sind, was tun sie?

Sie tun nichts. Da ist niemand. Die Fluglinie der Österreicher zieht sich aus derAffäre, indem sie einen Flug annulliert. Mehr macht die AUA nicht. Ich erwarte mir keine Sänfte, keine Canapés, keine kleinen Erfrischungen oder einen Aperitif, während ich zwei Stunden am Schalter des so genannten Kundenservices warte.

Ich erwarte eigentlich gar nichts. Die AUA bietet noch weniger. Selbstverständlich ist der Flieger am kommenden Tag um die Zeit ausgebucht. Und selbstverständlich werde ich nicht an mein Gepäck kommen. Denn das ist irgendwo im Nirgendwo zwischen den Terminals des Bösen abgetaucht.

Keine Tabletten - Sie wollen wissen wüfür? Ich verrate es nicht.  Kein Lillet - ich werde Ersatz finden in St.Germain. Kein frisches Hemd - welches Hemd trage ich morgen zu Mittag, wenn die Franzosen den 14.Juli feiern?

Den Austrian Airlines ist das egal.

Am Wiener Telefon höre ich: "Wir sind erst morgen wieder für Sie persönlich erreichbar." Man bietet mir an, es doch unter aua.com zu probieren. Ich lach mich tot, irgendwie.

Das Niveau österreichischer Dienstleistungsunternehmen (von Selbstbedienungstankstellen bis zu Telekom-Providern) hat einen neuen Tiefpunkt erreicht.