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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Freitag, 19. Juli 2013

Gelangweilt unter dem Rewebogen

Fällt uns etwas auf, wenn wir durch die Innenstädte von Florenz, Paris, Bordeaux oder Amsterdam spazieren und dann durch den ersten Bezirk in Wien? Nirgendwo ist die Dominanz zweier so genannten Lebensmittelketten so sichtbar wie in den teuersten Gegenden Österreichs.

Am Neuen Markt, am Hohen Markt: sie machen sich breit im Auge des Betrachters mit ihren Riesenlogos und Preisschildern, der sich, bevor er sich mit Grauen abwendet, fragt, warum das eigentlich so sein muss.

In Florenz ein kleiner Delikatessenladen neben dem anderen, wo es Gemüse und Wurst oder Wein aus der Toskana gibt, in Paris winzige Geschäfte für Käse, Wein oder Brot, legendär gut sortierte Charcuteries mit locker einem halben Dutzend verschiedener Geflügelsorten. In jedem Bezirk winzige Märkte mit Topware aus dem Meer.

In Wien Billa und Spar. Dass wir von denen nach kürzlich veröffentlichten Studien auch noch richtig abgezockt werden, passt ins Bild. Denn wo ein Monopol ist, darf sich der Kunde keinen Preisvorteil erwarten.

Warum lassen die Österreicher, die Wiener sich diesen langweiligen Einheitsbrei aus Industrieprodukten und camouflage-artig aufgetragenen so genannten "Delikatessen" und Bio-Lebensmittel (wieder aus Massenproduktion) gefallen. Schmeckt ihnen das oder ist es ihnen egal.

Dass bei den Deutschen nur zehn Prozent essen, um zu genießen, während die anderen Neunzig einfach irgendwas reinhauen, um bloß satt zu werden, dieses ernüchternde Ergebnis über die Essgewohnheiten in einer der reichsten Nationen der Welt, lässt sich auf Österreich bedingt umlegen.

Vielleicht sind es bei uns 15 oder 20%. Der Rest schlucht, was ihnen im Supermarkt aufgetischt wird.

Seit einem halben Jahr haben wir in Wien einen Merkurmarkt, der sich, wie es hieß, anschickte, dem Meinl am Graben Konkurrenz zu machen. Um sicher nicht wenig Geld wurde die Kultköchin Kim eingekauft, die seither dort ein kleines Restaurant führt. Ich hatte nie Gelegenheit, beim Merkur am hohen Markt hineinzuschauen. Vor kurzem war ich dort.

Die Eindrücke, Sie werden jetzt nicht überrascht sein, unterboten meine Erwartungen. Viel Gemüse, wenig davon, das sich von der üblichen Massenware unterscheidet. Das Käseangebot eine Lächerlichkeit, die Fischtheke einen geschätzten halben Meter breit, das Fleischsortiment erbärmlich. Zwei Hendeln liegen da: eines trägt ein Schild: "Premium". Und sonst?

Meterweise Softdrinks, Müslis, Fertigpizzen, Abgepacktes, Zelofaniertes.

Gallerie Lafayette, Alsterhaus, Harrods sind Namen, von denen man in Wien nur träumen kann. Statt ihrer machen sich Lebensmittelketten in den teuersten Immobilien der Innenstadt sowie Umgebung breit, weil es für sie in Anbetracht des volatilen Aktienmarktes die beste Anlageform ist.

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