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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Dienstag, 1. Oktober 2013

Herr Pilz

Steinpilzzeit ist. Eigentlich hatte niemand von uns mehr damit gerechnet. Doch bevor die Natur sich für die kommenden Monate in Eis, Schnee und Neben hüllt, hat sie offenbar beschlossen, den Menschen noch ein wenig Freude zu machen. Der Steinpilz ist der Herr unter den Pilzen, deshalb auch sein Vulgo-Name Herrenpilz.

Aber in einem Land, in dem gerade eine Partei bei den Wahlen mit Erfolg bedacht wurde, die das Herrenhafte in ihrem Menschenbild trägt, hat das Wort Herrenpilz einen bitter-modrigen Beigeschmack. Solange haben wir schon auf die nach Wald duftenden Pilze verzichten müssen, da darf es niemanden wundern, wenn wir vergessen haben, wie man diese eigentlich zubereitet.

Eine kurze Umfrage am Naschmarkt ergab, dass sich die Fans des Steinpilzes in zwei Lager teilen lassen: die Anhänger des Gebackenen fühlen sich hier von den Anhängern des Steinpilz à la nature mißverstanden, werfen ihnen diese doch vor, durch die blonde Panier und das Backen in Fett dem Pilz seine Finesse zu rauben. Wobei: in Häusern wie dem Meixner, dem Eckel oder dem Jamek werden die Pilze doch auf hervorragend gute Weise paniert, auch die Sauce Trara schmeckt und mit einem Spritzer Zitrone wird daraus ein herbstlich-erfreuliches Essen. Natürlich kann man sich dem Pilz auch raffinierter nähern.

Der viel zu selten in der Öffentlichkeit aufkochende Xandi Müller wies mich in diesem Zusammenhang bei einem raren Koch-trifft-Esser-Ereignis im neuen Wiener Theatercafé (Müller hospitierte dort einige Tage) auf seinen Trick hin. Er macht aus den Abschnitten der Steinpilze mit Weißwein und etwas Wasser einen aromatischen Fond. Dieser dient zu nichts anderem, als die in der Pfanne bratenden Pilze etwas zu befeuchten, während diese ohne diesen Schuss Flüssigkeit (niemals reines Wasser verwenden, macht die Sache tödlich fad) dann doch leicht trocken geraten. So werden die Pilze herrlich schlatzig, ein Ei darauf, kurz warten, zweimal umrühren, Petersilie dazu, fertig.

Der großartige Alberto Stefanelli in seinem Bacco in Wien Margarethen hingegen macht die Steinpilze am besten roh. Er hobelt sie hauchdünn, serviert sie auf einer großen Platte, ebenfalls gehobelter Parmesan darauf sowie einige (wichtig) Spritzer Zitrone und einiges vom besten toskanischen Olivenöl aller Zeiten. Dieses Gemälde von einem Essen wird serviert, dann aber von Alberto mittels zweier Gabeln zu einem leicht unansehnlichen Gatsch vermischt. Aber wie gut der schmeckt!

(ar)

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