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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Montag, 21. Januar 2013

Method-Cooking

Es gibt da diese Geschichte von den Dreharbeiten zu "Der Marathonmann", in dem Dustin Hoffman und Sir Laurence Olivier spielten. Dustin Hoffmann verbrachte mehrere Nächte ohne Schlaf, weil er so den Part des erschöpften und fälschlicherweise von einem Naziartz gejagten Studenten besser zu spielen hoffte. Als Laurence Olivier das hörte, nahm er den jungen Dustin zur Seite und fragte ihn: "Why don't you try acting?"

Wenn die Geschichte nicht wahr ist, so ist sie zumindest gut erfunden. Einige Küchenchefs, bei denen ich letzter Zeit aß, hätten auch Bedarf nach einem erfahrenen Laurence Oliver der Kochkunst. Er müßte Ihnen dann raten: "Why don't you try cooking?"

Welche Mühe sie sich machen, welchen Aufwand sie betreiben. Saucen werden zubereitet, dann getrocknet, dann in Brösel gemahlen. Zuletzt verlieren sie sich als Teil einer Deko oder als Zutat Nummer 5 eines Tellers, der nach der falsch verstandenen Methode Pierre Gagnaire zubereitet ist. Oder der Methode Adriá oder auch nach dem Redzepi-Rezept. Den Part des erschöpften Dustin Hoffman spielt in diesem Stück der Gast. Er fühlt sich gehetzt von den immer neuen Methoden des Gefrierens, Bröselns, Trocknens und Darüberstreuens.

Ist das die Avantgarde, fragt er sich, während sich die Kombination von Karfiol, Gänseleber und Schokolade wie ein Zahnbohrer in seine Geschmacksnerven bohrt. Vielleicht kommt er dann zu dem Schluss, dass diese Methoden des Garens und Kombinierens die Welt des Kochens auf den Kopf stellen werden und also so etwas wie Avantgarde sind. Bei vielen der jungen (und talentierten) Köche hat man den Eindruck. Die Zukunft des Essens auf dem Teller.

Bei der absoluten Mehrheit allerdings beschlicht ihn, den Gast der Verdacht, dass da von Avantgarde keine Spur ist. Ja, nicht einmal von Mode. Denn wenn einer in der Frühlingssaison blau sagt und in einem Jahr später sagen alle blau, ist das nicht Mode, schon gar nicht modern, vielleicht auch modisch, auf jedenfall aber gekupfert und somit alles andere als die Vorhut der Neuerung. Viele der Guten am Herd wollen das nicht so sehen. Sie schauen statt in die Zukunft lieber auf die websites der Sergio Hermans und Johann  Wisslers. Dann arbeiten sie einen Tag lang an den Vorbereitungen eines Gerichts, das schon an den Originalorten nicht für ein volles Lokal sorgt.

Das Spannende am Stehen am Herd lassen sie sich vollkommen entgehen. Auf den Applaus der Gäste warten sie vergeblich.

(ar)


Mayday am Terminal 3

Natürlich fährt man nicht auf den Flughafen, um dort vorzüglich zu essen. Das haben sich vor allem die Leute bei Meinl gedacht, die den Meinl Food Court einrichteten. Ort der Ausspesung: Terminal 3, nach dem Handgepäcks-Check. Klug, wer in diesem eine Dose Kaviar und eine halbe Flasche Bollinger mit sich führt. Oder in einem Feinkostladen seines Vertrauens (die Auswahl in Wien ist endenwollend) ein paar Sandwiches einpacken hat lassen. So ferne diese nicht mit Feuerwerkskörpern oder entflammbaren Flüssigkeiten gefüllt sind, wird der Sicherheitscheck Ihnen keine Schwierigkeiten machen und "Guten Appetit" wünschen.

Ohne Kaviar und Sandwich-Verpflegung landen Sie im Food-Court des Meinl, das den Raum gemeinsam mit einer anspruchslosen Weinbar und einer Sandwichbude einnimmt. Es sieht aus wie die billige Version einer Schihütte. Jede österreichische Autobahnraststätte weist zumindest architektonisch mehr Charme auf. Statt mit schweren Schischuhen stapfen die Gäste mit Handgepäcksköfferchen durch den Raum, was sich auch gleich als Handicap erweist.

Denn beim Meinl herrscht Selbstbedienung. Das Gepäck vor der Essensbesorgung an einem Platz abzustellen, wäre keine gute Idee. Es könnte gestohlen werden. Zumindest aber von Sicherheitspersonal konfisziert, wenn es zu lange alleine herumsteht. Was passieren kann, denn zu den Essenszeiten steht man schon einmal ein paar Minuten an bei Salat, Brathendl, Pizza und Bier. Nichts sieht besonders verlockend aus. Caprese im Winter keine gute Idee. Gute Sachen, die man beim Meinl am Graben bekommt, wird man hier vergeblich suchen. Sich die Wartezeit auf den Flug mit etwas Lachs, Austern, Kaviar oder Canapés zu vertreiben, wie das auf anderen Flughäfen möglich ist, erweist sich im Terminal 3 als unmöglich.

Also entscheide ich mich für Sacherwürstel in der Annahme, dass der Meinl da nichts falsch machen kann. Doch der Service entdeckt die kleinen Schwächen dieser Kreation und nutzt sie mit beeindruckender Treffsicherheit aus. Die Würstel sind lauwarm, weil offenbar seit Stunden im Wasser. Der Kren ist alles andere als frisch. Der mäßig interessierte Mann an der Selbstbedienungsbudel schafft es auch, den Kren auf den Senf zu häufen statt daneben, wodurch sich ein unerquickliches Amalgam ergibt, mit dem man den einen oder anden Baumangel des neuen Terminals beheben könnte. Auf das Budweiser muss man warten, weil der Herr, der es abzapfen sollte, gerade irgendwo ist. Servietten sind aus.

Genial nur noch die Preisgestaltung, die wiederum wirklich an das Niveau des Grabenmeinls erinnert: 5,50 für die Selbstbedienungs-Sacher-Würstel; 2,50 für die Selbstbedienungsbreze; 3,50 für das kleine Selbstbedienungs-Bier. Im Sacher kostet es nur unerheblich mehr. Dafür kann man dort aber auch nicht die Abflugzeiten lesen.
(ar)