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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Donnerstag, 19. September 2013

Rot werden im Salon

Ein Zusammentreffen mit Costas Raptis, dem liebenswerten Kellermeister von Metaxa (große Entdeckungen) führt mich nach Jahren wieder einmal in den Roten Salon des Sacher. Ein Ort, der beim Restaurantkritiker ungefähr so viel Interresse hervorruft wie der Schützner Stein beim Hochalpinisten. Doch wie der Schützner Stein seinen Wein hat, bietet neben dem sehr ordentlich gemachten Tafelspitz samit vorzüglichen Beilagen und Rindsuppe auch dieser schon etwas abgetakelte und daher ernstzunehmende Salon seine Vorzüge. Diese liegen nicht so sehr an der Aussicht auf das Jessye-Norman-artige Hinterteil der Staatsoper, sondern in der Betrachtung der Mitgäste. Da sitzt hinter einem goldenen Schild, welches seinen Namen trägt, der Kommerzialrat. Sein grimmiger Blick will uns etwas sagen, aber was? Ein vierfacher Klarer zum Abschluss der Mahlzeit wird ohne Umstände serviert. Wohlsein, Kommerzialrat. Zwei Tische weiter ist man viel beredter. Wir hören, dass es Mittags Schwammerl gab. Ein phantastisch gecastetes älteres Ehepaar bespricht den Fettgehalt der Sauce und während er den Ober wissen lässt: "Wenn Sie das nächste Mal Schwammerl haben, sagen Sie's mir vorher, dann mach ich sie selber." Keine großen Dialoge, aber für ein kleines Kammerspiel im Vestibül des Burgtheaters würde es reichen. Später im Laufe des Nachmittags ändert sich die Zusammensetzung der Gäste radikal. Ein Gast betrachtet mich, als würde ich aussehen wie einer, der ihm gleich sein Schnitzel vom Teller reißt. Seit der Betrieb auch nachmittags aufrecht ist, verirren sich auch Touristen hier her, bestellen Backhendl wie beim Heurigen und die alte Frau Sacher selig kann froh sein, dass sie das nicht sehen muss. Sie hätte dann wohl einen weiteren Schuss von Metaxas AEN gebraucht. Wir auch.

(ar)