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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Freitag, 9. Mai 2014

A la minute

Franz Gruber, Patron des Wiener Vincent, hat es auch nicht leicht. Bevor er am Morgen in sein Restaurant fährt, muss er bei der Gärtnerin Evi Bach vorbei schauen, frisches Gemüse holen. Einmal soll er seinen Küchenchef Alexander Mayer gefragt haben, ob man nicht vielleicht an einem Tag den Vorrat für mehrere Tage besorgen könnte.

Mayer soll seinen Patron liebevoll, aber etwas streng angeschaut haben. Seither ist die Sache kein Thema mehr.

Alexander Mayer gehört zu den Groupies der Gärtnerin Evi Bach, zu deren Kunden auch Heinz Reitbauer und andere Spitzenkönner zählen. Jetzt, wo die kleinen Rüben, die Kohlrabis, die Radieschen und der Mangold aus dem Boden schießen, kann er sein Glück kaum fassen. Auf seinen Tellern schmeckt man die Qualität von Gemüse, nicht älter als ein paar Stunden.

Ein zarter, mit dem Fischmesser zu zerteilender Minikohlrabi, ein perfekt knackiger und mit brauner Butter gewürzter Blattspinat, Erbsen von hoher aromatischer Konzentration, dazu ein Stück vom Waller, blütenweißes Fleisch, das beim Abtupfen mit dem Besteck in seine lamellenartigen Teile zerfällt.

Es muss das schiere Vergnügen sein, mit den Produkten zu arbeiten, die Mayer für seine Gäste besorgt. Die Mieraltaube, deren Brust so wunderbar schmeckt und deren Haxerl leicht gegrillt wurden, wird auf einer Sauce aus Himbeeren, Kirschen und Senf serviert. Eine kleine, vor gefühlten fünf Minuten aus der Erde geholte rote Rübe begleitet das Ganze.

Auch Flußkrebse lässt Mayer von seinen Köchen (vier bis fünf sind es, Souschef gibt es keinen, Mayer checkt alles selbst) pünktlich auf die Minute zubereiten. "Es dient der Qualität", sagt er. Flußkrebse also ins kochende Wasser, kaum eine Minute später heraus, ausbrechen und servieren. Zum Beispiel mit Artischocken und einem farbprächtigen Jus aus den Krebsenschalen und Innereien.

Er unterhalte fast jahrzehntelange Beziehungen zu seinen Lieferanten, oft kleine Produzenten. Sie erweisen ihm als Dankeschön für seine Loyalität gerne einmal den einen oder anderen Gefallen, wenn es um ausgefallene Wünsche geht. Die Rehleber zum Sago aus Rehschlögel und Schulter, gemeinsam mit Rhabarber zu den butterzarten Nudeln gereicht, war so ein Wunsch.

Die Qualität und Frische, die im Vincent zur Zeit angeboten wird, war den Michelin-Testern im neuen Europa Städteführer einen Stern wert und sie haben sich damit als Leute mit Kompetenz erwiesen.

Wenn schon älter, dann darf es außer Käse nur der Wein sein, den Mario Raaber zum Essen serviert. Gerade noch am Gaumen und in der Nase spüre ich den 2007er Zieregg von Zement oder den 2003er Cavernet Merlot vom Pöckl. Zwei Weine, die einem das patriotische Trinken einmal wirklich leicht machen.

(ar)