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Contributors: Alexander Rabl (Text) +++ Stefan Fuhrer (Layout)+++
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Freitag, 14. Februar 2014

Der Unfisch



Ein bisschen Recherche zwischendurch: Der europäische Flussaal wurde zum Fisch des Jahres 2009 gewählt. Die Fischereiverbände in Österreich, der Schweiz und Deutschland sowie Naturschutzorganisationen wollen damit einer Sorge Ausdruck verleihen. Der Aal, das muss einmal gesagt werden, bevor Sie ihn das nächste Mal am Fischbuffet achtlos links liegen lassen, gehört zu einer gefährdeten Art. In 20 bis 30 Jahren könnte er aus unseren Flüssen (und aus dem Meer) verschwunden sein. Es gibt übrigens unzählige Aalarten. Wir reden und schreiben hier vom europäischen Flussaal. Aal wird auch woanders gefangen und gegessen. In manchen Ländern Asiens ist Aal Kult. Die Koreaner vermuten in ihm einen Kraftspender, weil er sich selbst durch Zähigkeit und Überlebenskunst auszeichnet. Sie bereiten ihn nach bestem Wissen gemäß alter Tradition mit den passenden Kräutern und Marinaden zu, seinem Geschmack und seiner Bekömmlichkeit zuliebe und zur Ehre. In Japan gilt Aal als einer der delikatesten Fische. Wer die Fischobsession und herausragende Kenntnis der japanischen Foodies nur ungefähr kennt, muss sich jetzt Gedanken machen. Auf Japan kommen wir noch zurück. Zurück nach Europa: Der Aal bedankt sich bei den hypochondrischen Europäern für ihre Skepsis mit einem Gesundheitspaket, weshalb es ihn eigentlich auf Rezept geben sollte. Er ist reich an Vitaminen und den glorifizierten Omega 3-Säuren. Wer Aal isst, wappnet sich im Geiste (und vielleicht auch in Wirklichkeit) gegen alle Gemeinheiten, welche die menschliche Natur für uns bereit hält. Von der hinterhältigen Arteriosklerose bis zum perfiden Krebs oder dem brachialen Gehirnschlag. Und dennoch war der Aal nie einer unserer Favoriten. 

Sein roher Anblick verwirrt vornehme Fischmarktbesucher. Die Angst vor dem Fisch, der zuhause aus der Tasche hüpft und sich, obwohl er eigentlich schon tot zu sein hätte, in hintersten Eck der Küche verschanzt, diese Angst ist größer als der Appetit. Aal gilt als zu wenig vornehm. Sein dezidierter Geschmack wird nur von wenigen geschätzt, selbst wenn er sich mit Räucheraromen tarnt. Der Aal wusste schon früh, früher noch als Grass sich an seinem Ruf verging, dass er sich etwas einfallen lassen werde müssen. Also hüllte er sich in Kleider, bevor er ausging und sich in die Gesellschaft der Menschen begab. Er arbeitete dabei mit den besten Couturiers unter den Saucenerfindern und erreichte so ein kleines Quäntchen Liebe von den Menschen. Eines dieser Kleider ist grün. Sein Erfinder allerdings unbekannt. Es kommt eindeutig aus dem Norden, findet aber auch in England oder Frankreich seine Speisen-Träger. Der Aal zieht sich eine grüne Sauce aus vielen Kräutern an, aus Schalotten, (Weiß-)Wein, und auch Obers mit Eigelb. Dill spielt dabei fast immer eine Rolle, auch Salbei oder Kerbel. Sie steht ihm gut, die grüne Sauce. Und sie verfügt über genügend Säure (etwas Zitrone gesellt sich im Laufe ihrer Entstehung hinzu), um als Kontrapunkt für den etwas anmaßenden Gehalt an gesunden Fetten des Aals zu dienen. Wie gesagt: Im hohen Norden hat man das gerne. Dort, wo es die meiste Zeit im Jahr zugig und frisch zugeht, haben die Menschen immer Appetit und wenig Probleme mit Aalen oder ihren Kollegen, den Heringen. Dazu, davor und danach trinkt man dann Aquavit, Lebensretter an kalten Tagen und zu kalten Platten. 


In Frankreich sieht man das anders: Fisch ohne Wein ist nichts, lernt man da schon im Kinder- und im Weingarten. Auch der Aal schätzt guten Wein. Weil er ein Connaisseur ist, hat er auch nichts gegen einen guten Roten, sagen wir zum Beispiel einen Burgunder. Aal in Burgunder. Das hätte Grass schreiben sollen. Aber damit schreibt man keine Bestseller. Aal in einer kräftigen, nach den üblichen überlieferten Riten zubereiteten dunklen Sauce. Das ist ein eleganter roter Fetzen, mit dem man sogar in der Modestadt Paris gute Figur macht. Ich hatte das Vergnügen, den Aal in einer burgunderroten Robe aus Samt, Seide und Sauce kennen zu lernen. Das Restaurant hieß "Le Doyen" und sein Küchenchef ist einer der großen Pariser Meister im Umgang mit Fisch. Für einen Bretonen jetzt nicht weiter bemerkenswert. Der Aal betrat das schöne alte Restaurant gänzlich in Rot und in artiger Begleitung von Pumpernickel und winzigen Erdäpfeln, die in einer rahmig süßlichen Krensauce (Krensauce! In Paris!) auftraten. Wir, der Aal und ich, hatten dazu eine gute Flasche des roten Saftes aus der Burgund. Eher zu kühl und zu jung getrunken. Es war gerade recht. Nicht gerade vornehm, dieses Gericht, so schräg gegenüber dem Elysée Palast, aber doch sehr delikat und passend zu einem windverwehten Novembermittag. Da erblassten sogar die 100 Euro schweren, dicken Steinbutttranchen am Nebentisch ein wenig. Mit ihrem Belugakaviar, die Wichtigtuer aus dem Atlantik. Paris ist eben teuer und will es bleiben.

Deshalb fahren wir an den Neusiedler See. Dort fühlte sich der Aal jahrzehntelang wohl wie ein Fisch im Wasser. Er wurde, lange ist es her, hier ausgesetzt und von den Fischern und den Urlaubern gleichmäßig willkommen geheißen. Neuerdings wirft man ihm vor, das Gleichgewicht des Sees zu stören. Er sei ein böser Raubfisch, heißt es. Er würde in den Laichgründen anderer Fische wildern, sagen sie. In den Gründen derer, die nach dem Gesetz des Primats der autochthonen Sorten mehr Rechte haben als er. Schön eingelegt. Aber bald soll Schluss sein. In spätestens 20 Jahren gibt es ihn nicht mehr. Wegen schlechten Benehmens ausgewiesen. Der Aal ist eines sicher nicht: ein Gutfisch. Dazu hat er selbst auch zuviel mitmachen müssen. Außerdem wissen wir ja, dass für Fische gilt, was auch für Menschen gilt. Der Mensch ist des Menschen Wolf. Der Fisch ist des Fisches Mensch. 

Fragen wir doch einen der Fischer am See, Helmut Schwarz in Oggau. Der steht in seinem blitzsauberen Laden und sagt es, wie es ist. Der Zander habe im Neusiedler See den Vortritt. So wurde es festgelegt. Aal wird im See nicht mehr ausgesetzt. Nur noch eine Frage der Zeit, also von zwei oder drei Jahrzehnten, dann ist der Neusiedler-See-Aal Geschichte. Schon reicht der Fang nicht mehr, um in den Export zu gehen, so Schwarz, während er schlanke Räucheraale in schmale Plastikhüllen packt und per Vakuum versiegelt. Schwarz hat Respekt vor seinen Fischen. Der Aal aus dem Neusiedler See sei ein Naturaal. Er nimmt sich Zeit mit dem Wachsen. Ach ja, die Zeit. Früher waren die Zeiten besser. Das sagen nicht nur Feinschmecker, wenn sie von den Preisen von vor zehn Jahren ins Schwärmen geraten. Das sagt auch der Aal, denn der Neusiedler See ist sauberer geworden, was gleichzeitig heißt: weniger Nährstoffe, weniger Plankton für den Aal. Magere Zeiten. Noch gilt der Aal in Europa als alles andere als ein Luxusfisch. Das war mit Kabeljau und Flusskrebsen auch einmal so. Warten wir ab, wie die Nachfrage verrückt spielt, wenn sich die Aale in den Netzen wirklich rar machen, denn nicht nur im Burgenland, auch sonst wo gilt der Aal als gefährdete Art. Der Fischer Schwarz erhält einen Anruf. Im benachbarten Schützen braucht es frischen Fisch. Ein Botendienst macht sich auf, im Gepäck Zander und Aale. 

Nackt macht der Räuberfisch als schlichter Räucherfisch eine gute Figur. Auch verfügt er über die besten Verbindungen ins gelobte Land der Gourmets, das Baskenland. Dort ließ er sich mit Apfel und Gänseleber zu einem gemeinsamen Auftritt überreden. Das Ergebnis ist nicht nur in den 3-Sterne-Restaurants vor Ort, sondern mittlerweile in leichten Abwandlungen in vielen Restaurants zu bekommen. Es schmeckt fast immer. Doch angezogen und gegart ist Aal einfach schicker und wirkt auch souveräner in seiner Erscheinung. Das schönste Kleid des Aals stammt aus Tokio. Ein Kimono aus Aromen, Oberflächenspannung, Textur und kosmopolitischem Flair. Walter Eselböck und seine Leute haben das Stück nach Schützen importiert und ein wenig der landesüblichen Folklore angeschneidert. Auf dem Katzensteg des "Taubenkobel", den Gäste und Gerichte gleichermaßen beschreiten, tänzelt glasierter NeusiedlerSee-Aal mit Royale von Dashi, Escabeche vom Karpfen und mit Reis und Algen. Wie das? Man nehme dafür den Aal, der halbiert und in die gewünschte Länge geschnitten wird. (Idealerweise 4 Zentimeter pro Stück oder weniger.) Der Fisch wird im Vakuumbeutel verpackt. Zusammen mit einer Marinade aus Zucker, Weißweinessig, Mirin, weißem Sesamöl, Tamari, Kanzuri-Paste, getrocknetem Bonito, Ingwer und Schalotten (wobei diese Zutaten außer dem Bonito vorher gemeinsam aufgekocht wurden). So aalt sich der Aal bei 59 Grad im Dampf in seiner Marinade, beide kühlen dann langsam ab und werden später getrennt. Wenn dann die Marinade eingekocht wurde, bis sie die Viskosität einer Glasur aufweist und der Aal geputzt und enthäutet ist und vor dem Anrichten noch mal kurz in der Glasur aufgewärmt wurde, dann rufen die Gäste im "Taubenkobel" laut "Bravo!", flattern wie die Tauben aufgeregt durcheinander und quietschen vergnügt wie die spanischen Spanferkel. Der Aal des Jahrzehnts. Auf die Zubereitung seiner Begleiter können und wollen wir aus Platz- und Geheimhaltungsgründen nicht eingehen. Man muss nicht alles, was man weiß, auch sagen.


(Text aus dem Archiv von A la carte, das im Taubenkobel beschriebene Gericht steht leider dort nicht mehr auf der Karte.)

ar



Freitag, 7. Februar 2014

Warum ich auf die Haxe stehe

Eine wunderbare, eine unvergleiche  Kombination: zartes Fleisch, voller Geschmack, Saft und das alles umrandelt einen Knochen, in dem köstliches, von den Aromen von Kräutern und Saft durchtränktes Mark auf den Löffel wartet. Sie haben richtig geraten, wenn Sie vermuten, dass wir von Kalbshaxe, auf österreichisch Osso Buco reden. Ein Suchtmittel.

Haxe gibt es auch vom Lamm, wie ich es bei Norbert Niederkofler hatte (geil gut) oder auch vom Reh, wie ich es bei Andreas Döllerer essen durfte (gut, aber nicht so geil, weil Reh), aber machen wir uns nichts vor. Das Rund vom Kalb hat einfach mehr Energetik und vor allem mehr vom köstlichen Kalbsknochenmark. Am besten pur genossen mit einer Prise Fleur de Sie wissen schon.

Eigentlich ist das Osso Buco schon ein Held für sich, ein Hulk oder auch Batman der Fleischliebhaber, aber dennoch sind die Rezepturen von Vielfalt geprägt. Ob es in Spaniens Avantgardeküchen auch Espuma vom Kalbshaxenknochen mit Marksorbet gibt, ist mir zur Zeit nicht bekannt.

Der großartige Wolfram Siebeck schrieb im Feinschmecker einmal über eine stundenlang im Ofen bei Niedertemperatur gegarte Kalbshaxe. Dazu gab er Wurzelgemüse, Stangensellerie, vorerst in der Pfanne angebraten, sowie Paradeiser, später auch Oliven und Olivenöl, und krönte sein Rezept mit dem Satz in etwa "Sie können jetzt auch zwischendurch ins Kino gehen", womit meinte, dass die Garung nach dieser Methode nicht verlangt, sechs Stunden lang mit dem Schöpfer und der Stoppuhr am Herd zu stehen.

Eckart Witzigmann empfahl in seinen "Hausrezepten", dem besten Kochbuch, das er geschrieben hat, die Kalbshaxe "bügerlich", womit er verriet, dass es sich dabei um eine stärkende Mahlzeit der bessergestellten Bayern handelt. "Bürgerlich bedeutete den Verzicht auf südländiche Aromen, die man gemeinhin aus den Italien-Kochbüchern kennt. Also keine Paradeiser, keine Oliven, kein Zitronenthymian, sondern Karotten, Sellerie, Stangensellerie zumal. Weißwein kann sein. Dafür gibt es zur Haxe dünne, grüne Bohnen und Nudeln. Für Italiener ein grober Regelverstoss die Pasta zum Secondo.

Das bürgerliche Rezept finde ich in Zeiten des Blitzeises und Bodennebels passend, aber dann die Tragödie. Kalbshaxenscheiben da, Stangensellerie nicht da. Was tun?

Ich nehme mir ein Beispiel an Samual L. Jackson in Pulp Fiction und bleibe extrem cool, als wäre man mit einem unbegabten Killerpärchen in einem amerikanischen Diners zum Frühstück. Cool bleiben heißt die Frage zu stellen: Was ist da? Kalbshaxe, Butter, Weißwein, Zitrone, Kapern. Salz und Pfeffer. Für eine gute Kalbshaxe reicht das. Man brate die Scheiben also an, lege sie dann zum Weitergaren für zwei bis drei Stunden bei 160° ins Rohr, gieße mit ein wenig Weißwein an, lege die Butter auf die Scheiben. Butter gefällt der Kalbshaxe, wegen der Verwandtschaft ist es.

Hie und da schaut man ins Rohr, fragt sie Scheiben, wie es geht, ob alles okay sei, übergießt ein wenig mit der buttrig-weinigen Sauce, der man vielleicht ein wenig Kalbssuppe (oder Wasser, Sie müssen es den Gästen ja nicht sagen) beifügt. Die Zitrone fügt man in Form von geriebener Schale hinzu, ein Dash vom Saft schadet nie, später dann die Kapern. Fertig. Perfekt.

Fisolen (breit oder schmal) sowie auf den Punkt gegarte Nudeln (breit) machen sich dazu sehr gut, wie bei Witzigmann schon skizziert, genauso wie ein Unplugged Rotwein von Hannes Reh. Ein guter Beaujolais oder ein erwachsener Riesling aus der Wachau würden die Haxe auch nicht davonlaufen lassen.

(ar)

Essen lernen im Steirereck am Stadtpark

Ein Essen im Steirereck am Stadtpark. Lange war ich nicht dortgewesen, jedenfalls zu lange. Doch die längere Absenz schärft den Blick, den fürs Detail und den der Kritik. Ich darf mit einer Reihe von neuen Schöpfungen rechnen, aus den kreativen Hirnen von Heinz Reitbauer und seinen Mitstreitern, zubereitet von einer in der Nähe der Perfektion arbeitenden Mannschaft an Herd, Dampfgarer und was es sonst in einer Küche des 21. Jahrhunderts noch gibt.

Mit Gemüse ist zu rechnen, ein Essen bei Heinz Reitbauer gleicht auch einem Lehrgang der neu zu entdeckenden oder fast schon vergessenen Sorten. Doch die Vegan-oder-nicht-Vegan-Diskussion ist hier vollkommen fehl am Platz. "Ich respektiere Kaviar ebenso wie einen Erdäpfel". Sagt Heinz Reitbauer. Dieses Philosophie ist mir lieber als die Diskussion um die Redlichkeit von Massentierzucht und ihren Nutznießern. Als ob das nicht schon geklärt wäre.

Dennoch will ich ab und zu gerne Fleisch, ein bisschen wenigstens, zum Beispiel so ein Rehkitz, gebeizt mit Natursaft und schwarzen Nüssen, ein paar Zentimeter über dem Teller schwebend in seiner milden Aromatik, mit Trompeten-Eierschwammerl und den dezenten Bittertönen des blanchierten wilden Broccoli. Wie bewundernswert der Umgang mit Materialien und Zutaten ist: Dazu gibt es eine Vinaigrette, in der Piment Öl und Balsamessig, aber auch die Stiele der Trompeten-Eierschwammerl eine Rolle spielen. Nur der ewig Suchende findet Kombinationen wie diese.

Dann der Hammer: Puntarelle, mit Dampf behandelt, dass sie vor Saftigkeit (und Aroma) zerbersten, später noch glaciert. Angerichtet auf einer Creme aus Süßkartoffeln und Sanddorn (gute B12 Vitaminquelle für Vegetarier, wie auf den Küchenzettelchen vermerkt ist, die der Service vor dem Auftragen der Teller dezent einstellt). Die Kombination von der Chicoree-Artischoken-artigen Bitterkeit der Puntarelle und dem Rest, also Süße, Frische (Brunnenkresse), Salz (Kapern) und knusprigen Süßerdäpfeln - dankbar ist man, dass das Essen im Sitzen eingenommen wird. Ein Teller wie dieser wäre geeignet, den Esser ergriffen zu Boden sinken zu lassen. Manche schreien auch laut. Ist wohl eine Frage der persönlichen Veranlagung.


Anders als perfekt zubereitet kann man die beiden folgenden Fischgänge nicht beschreiben. Es sind Zander und Atterseehecht. Ersterer wird in Nussbutter confiert und ist von einer lamellenartigen Zartheit. Die Aromen von gelbem Paprika (in unterschiedlichen Ausführungen), geröstetem Quinoa und Walnuss mischen sich zum Zander. Eine in Salz und Asche gegarte weiße (Ur-)Karotte lässt den Gast zum wiederholten Mal das Besteck senken. Kurze Andacht.

Noch besser schmeckt der Atterseehecht, perfekt gebraten, sodass das feste, weiße Fleisch (Attersee-Wasser ist nun mal eines der besten) gut zur Geltung kommt. Und dann Spitzkraut: leicht gepökelt, im Ganzen im Ofen gegart, sowie der herrliche Knollenziest und eine Paste aus gerösteten Pistazien und Knoblauch. Der Hecht ist natürlich ein toller Hecht, doch wiederum sind es die mit so viel Liebe (und Kenntnis) behandelten Beigaben, die begeistern. Wie viel Hirn in diesen Gerichten steckt. Und wie sie daherkommen, ohne auch nur die geringste Spur der Eitelkeit.
Weil Winter ist, gibt es im Steirereck auch Perigord-Trüffel. Sie wurde eigentlich aus zwei Gründen erfunden, die Perigord-Trüffel. Einmal, um mit Madeirasauce und Gänseleber zu einem Glas Château Yquem verspeist zu werden. Zweitens als Bereicherung einer Kombination aus Schwarzwurzel und Kokos (!), die als Creme wie auch in knuspriger Form serviert wird und von einem Powidl aus zehn Tage lang langsam gekochten Haus-Zwetschken kontrapunktiert wird, der am Schluss mit etwas Chili den letzten Schliff kriegte. Ich sage es eigentlich ungern, aber Verwendung Nummer 2 der Perigord-Pretiose ist mir an diesem Mittag die liebere.

Die leicht säuerliche Haferwurzel, in Entenfett gebraten, begleitet das Entenklein, das durchs Pökeln seine leuchtend rosa Farbe erhielt und später confiert wurde. Eine der Lieblings-Zitrus-Früchte Heinz Reitbauers, die Buddha-Hand-Zitrone, tut hier als Einlegearbeit einen erfrischenden Dienst.

Wildhasen gibt es auch. So wie er auch am Feld sich dem Spaziergänger nicht auf den Weg wirft, versteckt er sich auch hier. Unter einer delikaten Creme aus Kerbelwurzeln stecken die bereits am Rande des Zerfalles zarten Wildhasen-Vorderläufe. Manche Gästen sollen, so erzählt man sich, verzweifelt nach dem "Fleisch" gesucht haben und als sie es in Form der Rosa Bianca Melanzani (oh, wie gut, ah, wie herrlich) vermuteten, leicht verwirrt nach dem Ober gerufen haben.

An der Stelle gehört übrigens dem Weinservice unter Adi Schmid und Manuel Andrack das ausgesprochen, was diese beiden Weinmenschen verdienen: Höchstes Lob.

Der Käsewagen bleibt diesmal in der Garage, es gibt gebrannte Rohmilch, Quitte in Fruchtform und als Kuchen, eine Vitaminbombe aus Cido Quitten und  Lavendel und eine Information für alle Interessierten an der Geschichte der Genesis. "Eva hat Adam wahrscheinlich nicht mit einem Apfel, sondern mit einer Quitte gelockt." So steht es auf den kleinen Info-Zettelchen, die man keineswegs geringachten sollte, enthalten sie doch eine Menge Wissenswertes über die Welt.

Ein irre gutes Malzsoufflé am Ende. Einmal muss leider Schluss sein. Es kommt in Begleitung von Abate Fetel Birne mit kandierter Schönbrunner Orangeade, abgerundet mit Orangenthymian. Und wenn ich in meinen Leben jemals zuvor ein Sorbet aus Soraronia (eine Art der Esche, deren Beeren leicht an Vogelbeeren erinnern) und Birnen hatte ... nein, ich glaube nicht, dass ich das jemals irgendwo gehabt habe.

(ar)